Eröffnet wurde das Symposium am Donnerstagabend mit einem Impulsvortrag zum Thema „Kommunikation im Spannungsfeld von Trends & Risiken“. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), beschrieb die geänderten Rahmenbedingungen für die Arbeit von Journalisten: Mehr Medienvielfalt, mehr Meinungsmacher, mehr Kanäle, weniger Zeit und hoher Verkaufsdruck sind Kennzeichen dieser Entwicklung. Der Medien-Markt fordere „Turbojournalisten“ und „Emotionsingenieure“, die schnell Aufmerksamkeit erzeugen können und damit Auflage machen. Die tiefgründige Recherche bleibe unter diesen Marktbedingungen oft auf der Strecke. Gewinner seien vor allem die, die ihre Botschaft mit emotionsgeladenen Bildern verkaufen könnten.
Am Freitag klärte Joachim Westenhöfer zum Thema „Selbstverwirklichung durch Ernährungsstile“ auf. Der Professor für Ernährungs- und Gesundheitspsychologie an der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg stellte die psychosozialen Aspekte von Trends und Verhaltensmustern dar. Dazu zählen das menschliche Bedürfnis nach Erklärbarkeit: Warum ist was passiert? Was ist die Ursache? Ebenso sieht er eine starke Tendenz zum Denken in „schwarz-weiß“, zum Annehmen falscher Kausalzusammenhänge und ein darauf beruhendes Vermeidungsverhalten. So wird das Zurechtfinden in einer von Überfluss geprägten Konsumwelt durch das Einteilen der Welt in „frei von“ und „mit“, also in Gut und Böse, erleichtert. Besonders in der Flut schier unüberschaubarer, widersprüchlicher Ernährungsempfehlungen bieten klare Trends „den Kompass zur Navigation im Meer der Möglichkeiten“, wie Joachim Westenhöfer es nennt. Zudem sind Essen und die Frage, wie gegessen wird, auch Fragen der sozialen Zugehörigkeit und Identifikation. Trends können dieses Bedürfnis nach Zugehörigkeit in der heutigen Welt transportieren.
Über Konzepte rund um das Produkt Mehl berichteten Johannes Arning von Brotliebling und Peter Hirschmann von der Bocksmühle in Neumarkt. Beide waren sich einig: Backen ist wieder in! Brotliebling vermarktet Backmischungen im Baukastensystem und bedient damit den wachsenden Onlinemarkt. Peter Hirschmann führt einen Mühlenladen. In seinem Einzelhandelsfachgeschäft bietet er Mehl und Getreideprodukte an und liefert das passende Know How zur Anwendung im Haushalt dazu, was seine Kunden sehr schätzen. Sicherlich leben beide Konzepte, so ergab die Diskussion, auch vom „Eventcharakter“ beim Einkauf und dem Trend zum selber Backen.
Michael Gusko von GoodMills Innovation ergründete in seinem Vortrag die Zukunft der Getreideprodukte. Mit Ausflügen in Psychologie, Imagebildung und Marketing umschrieb er den heutigen Stellenwert von Brot und Backwaren. Sie gelten als ballaststoffreich, jedoch nicht als gesund, so Gusko, obwohl Gebäcke viele Vitamine, vor allem aus der B-Gruppe, enthalten. Als gesund wahrgenommen werden vielmehr Obst und Gemüse, die der Verbraucher mit hohem Vitamingehalt assoziiere. Es gelte: „bunt gleich gesund“. Das damit die Zukunft der Bäckerei in bunt-gefärbten Broten liege, verneinte Michael Gusko, gleichwohl forderte er Mut für Innovationen in der Branche.
Michael Winter, Leiter der Unterabteilung Sicherheit der Lebensmittelkette im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), berichtete am Nachmittag über Fragen der Lebensmittelsicherheit. Als neue Herausforderungen für den gesundheitlichen Verbraucherschutz gelte es, Risiken zu erkennen, zu bewerten und zu managen. In seinem Vortrag lobte er ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit der Mühlenwirtschaft. Für die Mühlenbranche haben Qualität und Sicherheit der Produkte höchste Priorität. In der Politik kommen sich jedoch gesundheitlicher Verbraucherschutz und Umweltschutz immer wieder in die Quere. So sind die von der Umweltpolitik geförderten Ackerrandstreifen wesentliche Quelle für die Verunkrautung von Feldern oder die Infektion der Getreidebestände mit Fusarien oder Mutterkorn. Ein Konflikt der aus Sicht der Unternehmer zu Gunsten der Lebensmittelqualität entschieden werden muss.
Georg Ruhrmann von der Friedrich Schiller Universität in Jena schloss mit seinem Vortrag zur Risikokommunikation das Symposium. Der Vortrag stellte die Frage, ob und wie es gelingen kann, im Wissenstransfer die Botschaft zwischen Wissenschaft und Konsument verlustfrei und korrekt zu transportieren. Wichtigster Akteur dabei sei der Kommunikator, in der Regel der Journalist. Dieser sollte die Aussagekraft wissenschaftlicher Belege erkennen können und darüber auch entsprechend berichten wollen. Solche Journalisten wären dann das genaue Gegenteil des Turbo-Emotions-Ingenieurs, den Christoph Minhoff am Vorabend beschrieben hatte.
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