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Nachgefragt: Bei Sven Böse, Leiter der Fachberatung bei der Saaten-Union anlässlich der VGMS-Getreidetagung in Weihenstephan

Am 4. Juli trifft sich die Branche zur traditionsreichen Getreidetagung in Weihenstephan, um über die Fragen und Antworten zur Zukunft des Ackerbaus zu diskutieren. Sven Böse, Leiter der Fachberatung der Saaten-Union wird dabei ausführlich zum Thema: „Immer weniger Dünger und Chemie – Was bedeutet das für die Rohstoffversorgung der Mühlen?“ sprechen. Vorab haben wir schon einmal bei ihm nachgefragt. Das vollständige Programm und die Anmeldung zur Tagung finden Sie anbei.

VGMS: Wie kann trotz Düngeverordnung und immer geringeren Möglichkeiten im Pflanzenschutz mehr Ertrag bei guten Backqualitäten produziert werden?

Sven Böse: Indem das Konzept des integrierten Pflanzenbaus nicht länger nur als Feigenblatt gegenüber einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit dient, sondern aktiv gelebt wird. Das Instrumentarium ist vorhanden, angefangen bei weiteren Fruchtfolgen und optimalen Saatterminen bis hin zu gesünderen, nährstoffeffizienteren Sorten.

VGMS: Wenn das erfolgreich ist, warum fokussiert man sich erst jetzt darauf?

Sven Böse: Die bisherigen Anbauverfahren kommen an ihre Grenzen, weitsichtige Praktiker und Berater haben schon vor Jahren erkannt, das Düngung und Pflanzenschutz nicht länger dafür genutzt werden dürfen, suboptimale Anbauverfahren wie etwa „Stoppelweizen“ abzusichern. Dazu kommt, dass in Folge von Verboten oder Sensitivitätsverlusten im chemischen Pflanzenschutz immer weniger Wirkstoffe zur Verfügung stehen. Die Novellierung der Düngeverordnung lässt ebenfalls keine Wahl, nur vitale Pflanzen mit gesunder Wurzel haben eine hohe Nährstoffeffizienz.

VGMS: Im Zuge des Resistenzmanagements fordern Sie, künftig Sorten stärker nach Gesundheit auszuwählen. Wie passen robuste Sorten zu anderen Parametern wie Ertrag und Proteinausbeute? Mit welchen Einschränkungen muss die Müllerei gegebenenfalls rechnen?

Sven Böse: Mit Ausnahme von Ährenfusarium sind Resistenzen gegenüber biotischen Schaderregern nicht zwangsläufig mit geringeren Erträgen verknüpft. Auf der anderen Seite kostet natürlich jedes zusätzliche Zuchtziel Zeit und Geld. Aber auch fusariumresistente Sorten haben mittlerweile ein so hohes Ertragsniveau, dass sie immer breiter im Anbau stehen. Die Düngereform führt nach unseren Versuchen nicht zu geringeren Erträgen, sondern in erster Linie zu geringeren Protein- bzw. Klebergehalten. Hier können wir genetisch gegensteuern. Es gibt zum einen neue A-Sorten mit hohen Proteinwerten und gleichzeitig hohen Erträgen (z.B. Lemmy), d.h. also sehr hoher N-Verwertungseffizienz. Zum anderen gibt es viele Sorten mit einer hohen N-Nutzungseffizienz, die bereits bei geringen Proteinwerten gute Backeigenschaften ermöglichen (z.B. Hymalaya). Um diesen Zuchtfortschritt zu nutzen, braucht die Wertschöpfungskette jedoch neue Logistiksysteme, die auch im A- und B-Bereich passende Sorten gemeinsam erfassen.

VGMS: Urgetreide liegen im Trend. Welche Chancen liegen bei den alten Sorten unter den neuen Bedingungen (weniger Pflanzenschutz/weniger Düngung)?

Sven Böse: Keine, neue Sorten sind viel gesünder, standfester und nährstoffeffizienter! Wir sind Marktführer nicht nur bei Getreide insgesamt, sondern beispielsweise auch bei Dinkel und bieten dort auch 70 Jahre alte Sorten an (Oberkulmer Rotkorn). Dies ist aber in erster Linie nostalgischen Nachfragetrends geschuldet, nicht besonderen Sorteneigenschaften.  

VGMS: Züchtung ist Zukunft – neue Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas stehen im (medialen) Fokus. Was versprechen Sie sich davon und wie wollen Sie die gentechnikkritische Bevölkerung in Deutschland hier kommunikativ mitnehmen?

Sven Böse: Auch wenn wir keine unbeherrschbaren Risiken sehen, entwickeln unsere Züchter keine gentechnisch modifizierte Sorten für den europäischen Markt.
Werden neue Züchtungsmethoden, insbesondere sogenanntes Smartbreeding, von Europäischen Gerichtshof zutreffend nicht als gentechnisch Methode eingeordnet, werden sie breiten Eingang in die deutschen Zuchtprogramme finden. Wie bei Gentechnik gilt allerdings auch hier, dass mit diesem neuen Werkzeug nur Eigenschaften zu bearbeiten sind, die durch wenige Gene gesteuert werden. Dazu gehören auch bestimmte Qualitätseigenschaften und Resistenzen, nicht jedoch der Ertrag.

Vielen Dank für das Gespräch!

Hier finden Sie das vollständige Programm sowie den Anmeldebogen.